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"Wenn
die Zeit scheinbar immer
absolut unterschiedlich schnell zu
vergehen scheint." |
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AD(H)S und das
nichtlineare Zeitempfinden:*
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Sprüche:
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"Die Zeit verging aber
heute wie im Fluge" - "Die Zeit scheint
gar nicht zu vergehen."- "Wo ist denn
nur die Zeit hin?" -
Sprüche, die wohl jeder schon einmal
gesagt hat. |
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Das
Empfinden:
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Es kennt sicher jeder aus
eigener Erfahrung, wie das ist, wenn bei
schönen Dingen die Zeit schneller zu
vergehen schein, als bei Dingen, die man
weniger mag.
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Der
Unterschied:
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Ein AD(H)S-ler empfindet
dies nicht nur ab und zu, sondern fast
ständig und deutlich stärker und
intensiver, als ein Mensch ohne AD(H)S.
Für ihn werden deshalb unangenehme bzw.
ungewollte Dinge zu nicht enden
wollenden Tortouren, während bei schönen
oder interessanten Dingen die Zeit stets
als zu schnell vergehend bzw. zu kurz
empfunden wird.
Der Unterschied
liegt in der Intensität
und Permanenz des
unkontinuierlichen Zeitgefühls an sich
und der hieraus resultierenden
Folgegefühle.
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Das
Problem: |
Gefühlte Schwankungen der
inneren Uhr
gibt es, wie bereits beschrieben, sowohl
bei von AD(H)S Betroffenen als auch bei
Nichtbetroffenen, nur sind diese
gefühlten Schwankungen u.E.
bei Nichtbetroffenen im
Verhältnis viel viel geringer und somit
die Fehlerquote bei der Zeitbeurteilung
auch deutlich niedriger.
Man stelle sich als
Nichtbetroffener von AD(H)S vor, eine
Uhr würde einmal viel viel schneller und
dann wieder viel viel langsamer ticken
und man sollte daran messen, wie die
Zeit vergeht. Unmöglich? Ein AD(H)S-ler
muss aber genau dies können, oder?
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Mögliche
Folgen/Erscheinungen/"Zwänge" im
Zusammenhang mit dem nichtlinearen
Zeitempfinden:*
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Unpünktlichkeit:
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Da sie Zeit immer
deutlich unterschiedlich schnell
vergehend empfinden, erlebt man es oft
bei Menschen mit AD(H)S, das sie
Probleme haben, pünktlich zu
vereinbarten Terminen zu erscheinen -
oft zu früh oder zu spät kommen.
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Gravierende
Zeit- überschreitungen:
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Es kommt regelmäßig vor,
daß man sich vornimmt, nur noch eine
gewisse Zeit zu arbeiten/etwas zu tun,
dann aber sich hierein so vertieft, daß
man gar nicht merkt, daß es bereits
Stunden später ist - "man die zeit
vergisst"!
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Nervosität,
Zappe-
ligwerden, Aufste- hen, Herumlaufen:
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Wenn die Zeit aus o.g.
Gründen so empfunden wird, dass sie
nicht zu vergehen scheint, steigt die
innere Nervosität. Das "Hinziehen" einer
als für das eigene Interesse
uninterressant eingestufte
Unterhaltung/Handlung wird dann bei
Menschen mit AD(H)S als unerträglich
empfunden (was für Aussenstehende
mitunter kaum nachvollziehbar ist).
Nicht selten werden dann unbewusst
Ersatzbeschäftigungen gesucht: man
zappelt, steht auf oder aber man
schaltet einfach ab und nickt (träumt)
weg.
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I.d.R.
vom Umfeld mißverstandene
Kompensationsak- tivitäten: |
Insbesondere
ausschließlich
zu frühes Erscheinen ist möglicherweise
nicht selten auf einen Anpassungszwang
(Pünklichkeit = oberstes Gebot)
zurückzuführen. Dabei wird nach dem
Motto kompensiert: Lieber zu früh als
zu spät!
Quatschen, Zappeln, "Daumenlutschen",
Stören, Herumlaufen, "Wegträumen",
"grundloses" Essen, "grundloses"
Trinken, ohne Sucht Rauchen oder Trinken
(nur um sich an etwas festhalten zu
können) .... dürften als eine Gegenreaktion auf
lange Weile angesehen werden.
"Reinreden", Vordrängeln, Nervosität,
"Ausblenden" anderer Reize oder des
Umfeldes und Hyperfocusieren,
Regelüberschreitungen sowie Mißachtung
von Weisungen (sofern diese der
Realisierung jener gerade als wichtig
empfundenen Aufgabe entgegenstehen) ....
dürften u.a. als eine Folgereaktion auf
das "übertriebene" Dringlichkeitsgefühl angesehen werden.
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Versagen
oder Fähigkeit (?):
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Diese
Erscheinungen/Folgen
werden vom Umfeld - und meist auch von
den Betroffenen selbst - als
scheinbares "Versagen" empfunden.
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Aus evolutionärer Sicht
dürfte dies u.E. aber eher als
Fähigkeit/Anpassung einzustufen sein:
eine andere innere, auf
schnelle Reaktionsfähigkeit und
wechselnde Ereignisse aufbauende
Organisationsform, welche
unter
bestimmten Lebensumständen enorme
Vorteile bietet. |
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Mit der auf
Kontinuität
und Gleichmäßigkeit ausgerichteten
heutigen Welt
ist diese "Fähigkeit" jedoch nur schwer
in "Einklang" bringbar. |
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AD(H)Sler
"... haben ein verzerrtes
Zeitgefühl .....
Die meisten
Nicht-ADDler erleben die
Zeit in einem ziemlich
linearen Fluß. Dagegen haben
ADD-Menschen ein
übertriebenes
Dringlichkeitsgefühl, wenn
sie sich einer Aufgabe
engagiert annehmen, und
erleben unerträgliche
Langeweile, wenn sie meinen,
nichts zu tun zu haben.
Dieses Gefühl der Langeweile
führt häufig zum Mißbrauch
von Substanzen ...., die das
Zeitempfinden verändern,
während das
"Zeitraffer"-Gefühl bei
einem (interessanten)
Projekt sie chronisch
ungeduldig macht.
Dieses elastische
Zeitempfinden führt auch
dazu, daß viele
ADD-Erwachsene berichten,
wie stark sie von
emotionalen Höhen und Tiefen
gebeutelt werden.
Insbesondere die Tiefen
erscheinen dabei, als
wollten sie nie enden und
die Höhen werden oft nur als
kurzes Auflodern empfunden."
Zitat aus:
"Eine andere Art, die Welt zu
sehen" T.Hartmann
Begriffshinweis: ADD kommt aus
dem
englisch-sprachlichen Raum und ist eine
dort gebräuchliche Bezeichnung
für ADS
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