|
|
"Fremdgesteuert"
Teil 1 -
Motivation und
Zustand der
Aufmerksamkeit:
"Wenn
man weitgehend nur mit Hilfe von
Motivationen in den Zustand
fokusierter Aufmerksamkeit wechseln
kann."
|
|
Motivation - die
"fremsteuernde Begleiterin" der
Aufmerksamkeiszustände des AD(H)Slers:*
|
|
Einführendes
vergleichendes Beispiel:
|
Es gibt den Führerschein
unter 18 Jahren.
Ein junger Mensch kann also heute die
Fähigkeit erwerben, bereits in einem
Alter unter 18 Jahren ein Auto fahren zu
können. Er hat auch die Möglichkeit, ein
Auto in diesem Alter zu besitzen oder
zumindest zur Verfügung zu haben. Somit
ist er theoretisch sowohl bezüglich der
Fähigkeit (Fahrschule/bestandene
Fahrprüfung/Fahrerlaubnis) als auch der
Mittel (Fahrzeug) jederzeit in der Lage,
im Straßenverkehr zu fahren.
Doch beim Führerschein unter 18 gibt es
einen Haken:
Unabhängig von der vorhandenen Fähigkeit
und den vorhandenen Mitteln darf er nur
fahren, wenn eine erwachsene
Begleitperson mit Führerschein mitfährt.
Ohne diese Begleitperson kann (darf) er
trotz Fähigkeit und Mittel nicht selbst
fahren.
Seine Möglichkeit in den "Zustand des
Selbst-Fahrens" zu kommen, ist also
abhängig von der
Anwesenheit/Bereitschaft der
Begleitperson, nicht von eigenen
Entscheidungen des Fahrers unter 18 -
sie wird durch die Anwesenheitspflicht
"fremdbestimmt" bzw. "fremdgesteuert". |
|
Das
Empfinden:
|
Motivation wird von den
meisten Menschen als zusätzlicher
Antrieb empfunden, der i.d.R. eine
Leistungssteigerung zur Folge hat. Er
beflügelt oft zu konsequenterem und
fokusierterem Handeln.
|
|
Der
Unterschied:
|
Für den AD(H)S-ler ist
die Motivation jedoch nicht
vordergründig beflügelnd, sondern
entscheidend, ob, wie lange und worauf
er überhaupt vom "Zustand
breitgefächerter Aufmerksamkeit" in den
"Zustand fokusierter Aufmerksamkeit"
oder gar in den "Zustand des Hyperfokus"
wechseln kann oder muss bzw. darin
"gefangen" ist.
Er kann dies - wenn überhaupt - nur
bedingt selbst steuern, ist
weitgehend abhängig von der jeweils auf
ihn "einstürmenden" oder "wegbleibenden"
Motivation. Deshalb spricht man
hier auch von "Fremdsteuerung". (s.h.
auch oben aufgeführtes Beispiel
"Führerschein unter 18").
Der Unterschied
liegt in der Abhängigkeit
von der jeweiligen Motivation auf den Wechsel
der Aufmerksamkeitszustände.
|
|
Die Fähigkeit
und Mittel: |
Der
AD(H)S-ler verfügt i.d.R. sowohl über
die Fähigkeit "fokusiert aufmerksam zu
sein" als auch über die Mittel (Gehirn,
Wahrnehmungsorgane) hierzu.
Die Mittel sind durch die hohe
Reizoffenheit überdurchschnittlich
aufnahmefähig. Das Gehirn ist von der
Fähigkeit her i.d.R. in der Lage, dien
Zustand fokusierter Aufmerksamkeit zu
bewältigen, im Rahmen des "Hyperfokus"
sogar weit weit überdurchschnittlich
"gut".
|
|
Das
Problem: |
Das Problem liegt nicht
(vordergründig) in einer zu schwach
ausgebildeten oder zu trainierenden
"Konzentrationsfähigkeit", sondern
in der weitgehenden "Fremdsteuerung"
("Ausgeliefert Sein") des Erreichens (oder
darin "Gefangen Seins"),
der Richtung, Intensität und Dauer eines
"Zustandes fokusierter Aufmerksamkeit"
durch jeweils vorherrschende oder nicht
vorhandene Motivationen.
Er kann sich nur bedingt der Dominanz
dieser Wirkung entziehen oder diese
bewusst ("manipulierend") in
"gewünschte" Richtungen, Stärke und
Dauer umlenken.
|
|
|
|
|
Mögliche
Folgen/Erscheinungen/"Zwänge" im
Zusammenhang mit dem nichtlinearen
Zeitempfinden:*
|
|
Richtung der
Fokusierung:
(vermeintliche
"Unaufmerk-
samkeit")
|
Die jeweils aktuell
stärkste Motivation bestimmt bei
AD(H)Slern fast "zwanghaft" die
Richtung, worauf sich im "Zustand
fokusierter Aufmerksamkeit" fokusiert
wird. Hierbei können Impulse und Reize,
welche ebenfalls beim AD(H)Sler nur
schwer kontrollierbar sind (s.h.
"Fremdgesteuert" Teil 2) kurzzeitig oder
längerfristig einen Effekt erzeugen, den
man allgemein als "ablenkbar",
"unaufmerksam" oder "unkonzentriert"
fehlinterpretiert:
Die Richtung der
Aufmerksamkeitsfokusierung des Betroffen
weicht von der "geforderten" (z.B.
Vermittlung von Lehrstoff) aus
bestimmten Gründen (z.B. wenn die
Vermittlung oder der Lehrstoff weniger
interessant oder motivierend
ist/scheint/wirkt, als das Eichhörchen
auf dem Baum vor dem Fenster zu
beobachten)
ab. Der Betroffene ist jedoch nicht
wirklich unaufmerksam, er hat seine
Aufmerksamkeit nur auf etwas anderes
gerichtet, als das geforderte -
eigentlich hat er sie nicht einmal
wirklich selbst dorthin ausgerichtet
(zumindest nicht bewusst), sondern sie
"wurde dorthin ausgerichtet" von der
stärkeren Motivation.
Er beobachtet das Eichhörnchen durchaus
sehr hochgradig konzentriert!
|
|
Stärke der
Motivation:
|
Die
Stärke der Motivation entscheidet über
die Intensität der Fokusierung.
Je geringer die Motivation für etwas
"Gefordertes"/"Notwendiges" ist, umso
breiter gefächerter ist die
"Fokusierung" der Aufmerksamkeit und
umso größer die Umlenkbereitschaft auf
aktuell höher motivierende
Objekte/Handlungen/Geschehnisse usw.
("Ablenkbarkeit").
Je höher die Motivation für
das Ziel der Aufmerksamkeit ist, umso
konzentrierter ist die "Fokusierung" der
Aufmerksamkeit und umso geringer die
Umlenkbereitschaft auf aktuell ggf. auch
(aber geringer) motivierende
Objekte/Handlungen/Geschehnisse usw. .
Bei extrem starken Motivationen kann der
Betroffene in den "Zustand des
Hyperfokus" gelangen, bei dem er
weitgehend völlig unempfindlich für alle
Störreize, Ablenkungen usw. wird, wo er
die Umwelt scheinbar komplett ausblendet
und weitgehend jegliches Zeit-, Hunger-,
Erschöpfungs- und Müdigkeitsgefühl
verliert.
|
|
Höchstleistung
infolge Fokusierung
weit über dem
Durchschnitt:
(Segen des Hyperfokus)
|
Bei
sehr starken "entwicklungsfördernden"
Motivationen kann der "Zustand des
Hyperfokus" es ermöglichen, eine für
Andere nicht/kaum nachvollziehbar und
scheinbar unleistbar hohe und lange
Fokusierung auf das "Angestrebte" /
"Anvisierte" zu erreichen, was es dem
Betroffenen ermöglicht, Höchstleistungen
dahingehend zu erbringen und mitunter
selbst mehrere Tage ohne Schlaf und
Essen bei Lärm oder anderen ähnlich
widrigen/ablenkenden Bedingungen
hochkonzentriert und effektiv durch zu
arbeiten.
Die Bereitschaft zur Umlenkung des Fokus
der Aufmerksamkeit auf andere Ziele
(Ablenkungbereitschaft) ist in diesem
Zustand nahezu fast gleich null. (etwas
überspitzt gesagt: selbst wenn dann in
der Nähe eine Bombe einschlägt, würde er
dies kaum wirklich bewusst
registrieren).
|
|
"Gefangen-Sein"
(Fluch des Hyperfokus) |
Insbesondere bei sehr
starken "gefährlichen" Motivationen kann
der "Zustand des Hyperfokus" für den
Betroffenen aber auch zum "Gefängnis"
werden und von Totalrückzug aus dem
Umfeld, massiver Introvertiertheit,
massiven Gewichtsverlusten infolge
Wegfalls jeglichen Hungergefühls,
Krankwerden bis zu
Suizid-Vorstellungen/-Wünschen oder gar
-Handlungen führen.
Positive Ratschläge und Hilfe aus dem
Umfeld dringen dann zu dem Betroffenen
kaum durch oder sind i.d.R. in ihrer
positiven Gegenwirkung extrem temporär
begrenzt, oft nicht viel länger, als
diese Zuwendung gerade erfolgt (aus den
Augen = aus dem Sinn = Wirkung
verpufft).
Der Betroffene kommt aus diesem Zustand
kaum anders als durch eine mindestens
gleichstarke oder stärkere
Gegenmotivation heraus.
Hat er sich diese entsprechend
starke Gegenmotivation
aber doch erschließen können/hat sie ihn
erfasst, kann dies zu einer (für Andere
oft nicht oder kaum nachvollziehbaren)
Totalveränderung innerhalb von einem
Augenblick auf den anderen führen - von
eben noch "zu Tode betrübt" zu im
nächsten Augenblick "himmelhoch
jauchzend" und vorwärts strebend.
Zu den sehr starken
"gefährlichen" Motivationen zählen u.a.
- großer seelischer
Schmerz
- Angst vor dem Verlassen werden oder
Verlust eines geliebten Menschen
- Probleme, für die man keine Lösung hat
oder sieht, aber unbedingt eine haben
will
- Angst vor Versagen, Mobbing und
Ausgrenzung
- Angst vor den Konsequenzen, aus
eigenen impulsiven Reaktionen
- Angst, eigene Bewältigungstrategien
nicht mehr auf Dauer durchhalten zu
können
usw. |
|
I.d.R.
vom Umfeld mißverstandene Schwankungen: |
Durch
die Abhängigkeit
bei
der Steuerung des Übergangs in den
"Zustand fokusierter Aufmerksamkeit" von
unterschiedlichen Motivationen sowie
durch die hierauf Einfluss ausübende
Impulsivität (s.h. "Fremdgesteuert -
Teil 2) kommt es teilweie zu extremen
Leistungsschwankungen, was vom Umfeld
i.d.R. als "er könnte viel mehr leisten,
wenn er wöllte" fehlinterpretiert wird
und wohl eine schmerzlichsten
"Fehlbewertungen" gegenüber dem
AD(H)Sler darstellen dürfte.
Ihm wird damit ein "selbstverschuldetes
Versagen" unterstellt, obwohl er darauf
nur innerhalb einer sehr hohen
Bewusstseinsstufe überhaupt Einfluss
nehmen könnte - wenn er das Glück hatte,
diese "bewusste Manipulation von
Motivation" irgendwo erlernen zu können.
Dies bei Kindern und Jugendlichen voraus
zu setzen, ist eigentlich weitgehend ein
Ding der Unmöglichkeit - sie sind hierzu
i.d.R. einfach noch nicht eigenständig
in der Lage.
|
|
|
|
|
Versagen
oder Fähigkeit (?):
|
|
Diese
Erscheinungen/Folgen
werden vom Umfeld - und meist auch von
den Betroffenen selbst - als
scheinbares "Versagen" empfunden.
|
|
Aus evolutionärer Sicht
dürfte dies u.E. aber eher als
Fähigkeit/Anpassung einzustufen sein:
eine an der Motivation orientierte (z.B.
dass die Sippe Nahrung braucht, um zu
überleben) Ausblendung von Ablenkungen
und "hinderlichen" Körpersignalen
(Hunger, Durst, Schmerz, Erschöpfung,
Müdigkeit) kann lange hochkonzentrierte
Jagden (über mehrere Tage und Nächte) in
einer als feindlich empfundenen Umwelt
und riskante gefährliche
Angriffsaktionen bei der Beuteerlegung
möglicherweise überhaupt erst ermöglicht
haben.
Die notwendige Erholung nach diesen
physischen und psychischen
Höchstleitungen fanden diese Menschen
möglicherweise in den Nicht-Jagd-Phasen,
wo folglich die niedrige bis nicht
vorhandene Motivation "Etwas tun
zu müssen" (die Sippe ist mit Nahrung
versorgt/sie halten sich wieder im
Schutz der Sippe auf)
eine entpannendere breit gefächerte
Aufmerksamkeit zulies.
|
|
Mit der auf
Kontinuität
und Gleichmäßigkeit ausgerichteten
heutigen Welt
ist diese "Fähigkeit" jedoch nur schwer
in "Einklang" bringbar. |
|